Bodø Jazz Open - Ein Reisetagebuch

Sonntag, den 28.1.2024

Es gibt richtig nette Menschen: Sebastian Hayduk, der Lichttechniker von Audiobeast bot mir während des Konzertes mit Joakim Berghäll und Adele Sauros bei JFK in Syke am Tag vor meiner Abreise an, mich nach Hamburg zum Flughafen zu bringen, wodurch ich erstens ausschlafen konnte und mir zweitens der Stress durch den Eisenbahnstreik erspart blieb. Statt dessen habe ich eine angenehme Fahrt und eine angeregte Unterhaltung und komme bereits zwei Stunden vor dem Boarding am Flughafen an. Toll!


Nun steht Arlanda als erstes Ziel auf dem Flugplan, unter uns die Ostsee, von der allerdings wegen des Wolkenschleiers nichts zu sehen ist.um mich in die richtige Stimmung zu versetzen höre ich Inger Hannisdals North South East West, eine faszinierende Mischung zwischen Folklore, Tanzmusik und skandinavischer Avantgarde mit meinem Lieblingsakkordeonisten Frode Haltli. Gut dass es geschlossene Kopfhörer mit einer Silencefunktion  gibt. 

Als der Sinkflug gen Arlanda beginnt, wird es etwas wackelig und Florian Arbenz' Conversation # 10 mit Nils Wogram bringt mich richtig ins Swingen. Gleich mit dem ersten Stück legen sie richtig los: Jamming heißt es ganz passend. Der Schlagzeuger und der Posaunist leben ihre Spielfreude richtig aus. Conversation #10 gehört unbedingt in die Sammlung. 

Ächzend steigt das bis auf den letzten Platz mit 180 Passagieren voll besetzte Flugzeug in Richtung Gardermoen in den schon um 16:35 dunklen Himmel. Kennen die Skandinavier keine Flugscham? Wer zum Teufel ist der geile Gitarrist auf der CD mit Nils und Florian? Fast bin ich versucht den sauteuren Bordinternettarif in Anspruch zu nehmen, aber das ist nicht nötig. Das hole ich gleich in Gardermoen nach, denn das Flugzeug ist schon wieder im Sinkflug. 

Mittlerweile sitze ich im dritten Flieger, der mich von Oslo über den Polarkreis nach Bodø bringen soll. Zeit für die Recherche des Gitarristen hatte ich nicht, weil ich als Opa mt dem knapp vierjährigen Enkelkind streamen durfte. Es handelt sich übrigens um Christy Doran, wie ich später herausfinde.  

Als Soundkulisse  dient Conversation #9  von Florian, dem Altsaxofonisten Gregor Osby und der Hammondorgel Arno Krijgers. Herrlich, wie die beiden Arbenz' Kompositionen über dessen maßgeschneidertem Klangteppich zum Vibrieren bringen. So langsam glaube ich, dass der Basler Drummer sich zu einem ganz Großen entwickelt. 

Ob der Flieger so voll ist, weil am Zielort das Festval tobt, kann ich nicht sagen. Den Passagieren sieht man es jedenfalls nicht an, welchen Musikstil sie bevorzugen oder was sonst sie in den Norden verschlägt. Neben mir sitzen zwei Norweger, die sehr kultiviert, also wenig Dialekt, sprechen. Die Dialekte in diesem Land  sind eine große Hürde, weil sie oft sogar für Muttersprachler aus anderen Regionen schwer verständlich sind. Einer trägt nur ein T-Shirt, was ich in diesen Breitengraden und Ende Januar für, naja, gewöhnungsbedürftig halte. Arno Krijger betätigt sich als Tastenzauberer. Wehmütige Erinnerungen an Jean Jacques Kravetz, Brian Auger oder Hardin & York geistern durch meinen Kopf. Bei JFK  In Syke trat er einmal mit Nils Wograms Route 66 auf. 

Beim Anflug auf Bodø wird das Flugzeug von Böen arg durchgerüttelt: ein Vorgeschmack auf den für den nächsten Tag angekündigten Sturm. Die anderthalb Kilometer zum Hotel lege ich mit meinem leichten Gepäck zu Fuß zurück. Es sind drei Grad über Null, aber schmutzige Schnee- und Eisreste zeugen davon, dass es hier vor kurzem noch viel kälter gewesen sein muss. 

Montag, den 29.1.2024





Im Hotel treffe ich den Carsten Lindholm, den dänischen Drummer aus Jan Gunnar Hoffs Trio. Die beiden hatten die Idee, mich nach Bodø einzuladen. Kurze Zeit später kommt der holländische Bassist Jasper Somsen dazu. Es wird ein kurzweiliger Abend mit vielen Jazzanekdoten.

Nach einem ausgiebigen Frühstück gehe ich am nächsten Morgen erstmal in den Hafen, um das Wetter am eigenen Leibe zu spüren. Kräftige Stürmen peitschen das Wasser auf, Gischt spritzt in die Höhe und die am Kai vertreten Schiffe krängen unter dem Druck des Windes.  

Der Fahrdienst des Festivals holt uns zu einem Treffen bei Jan Gunnar Hoff ab. Dort erfahre ich, dass diese trinationale Band im November ein Konzert auf Korsika hatte und jetzt die Konzerte in diesem Jahr plant. Sie haben im Vorjahr eine CD aufgenommen, die bald veröffentlicht werden soll. Jan Gunnar erzählt, dass man früher Konzerte machen musste, um den Plattenverkauf anzukurbeln, der eine Haupteinnahmequelle der Musiker war. Durch das Internet und die Streamingportale hat sich das total geändert. Nun brauche man CDs, um Konzertauftritte zu bekommen. Mit dem Verkauf von Platten lässt sich kein Geld mehr verdienen. Die Streamingerlöse sind kaum der Rede wert. Ohne Selbstmarketing über die Sozialen Medien und den gezielten Aufbau einer großen Schar von Followern sei es sehr schwer, das Publikumin den Konzertsaal zu bekommen.

Um als Musiker einen angenehmen Lebensstandard zu erreichen, so Jan Gunnar, sei er Professor geworden. Auch Jasper Sommsen unterrichtet und spielt in verschiedensten Konstellationen, da die Gagen nicht ausreichen. Aber ein anderes Leben als jetzt möchte keiner von ihnen führen. 

Während die drei vom Fahrdienst zum Venue gebracht werden, kämpfe ich mich gegen den mit Windstärke 10 oder mehr tosenden Sturm zur Festivalzentrale im Konzerthaus, das sinnigerweise den Namen Stormen trägt.  Das Technische Hilfswerk hat die Straße rund um das Gebäude abgesperrt, weil die Gefahr besteht, dass Teile des Daches herunterfallen.

In dem Festivalbüro treffe ich zum ersten Mal Eirill, die Pressesprecherin. Sie ist eine junge Powerfrau, die über unerschöpfliche Energiequellen zu verfügen scheint. Eigentlich habe sie mit Heavy Metal angefangen, sich aber im Laufe der Jahre immer mehr für Bodø Jazz Open begeistern können. "In diesem Jahr haben wir über 40 Freiwillige und einige professionelle Mitarbeiter. Insgesamt gibt es um die 50!! Veranstaltungen, die einen riesigen Organisationsaufwand erfordern." Am liebsten würde sie allen auf der Stelle einen langen Dankesbrief schreiben, so sehr freue sie sich über den Teamgeist und deren tolle, selbstlose Arbeit. 

Das Konzept des Festivals ist bewusst "open", es soll ein breites Publikum angesprochen werden. The Fjords sind eine Popband, Silje Nergard nicht unbedingt eine Mainstreamjazzerin und Steve Hackett hat sich mit Genesis einen Namen gemacht. Wo soll auch sonst das Publikum in dieser menschenleeren subarktischen Region herkommen?

Die Norweger machen etwas sehr Vernünftiges mit ihrem Öl bedingten Reichtum: Sie investieren in die kulturelle Infrastruktur. Das nagelneue Konzerthaus Stormen fasst über 800 Besucher, was für eine Stadt mit 50.000 Einwohnern beachtlich ist. Daneben steht der ebenso beeindruckende Neubau einer Bibliothek,  die den Bürgermeister manch einer deutschen Großstadt mit Neid erfüllen würde.

Der kurze Weg zum Kulturzentrum Beddingen hat es in sich. In den engen Straßenmuss richtig gegen die Orkan ankämpfen. Es fühlt sich gerade an wie bei einem Wintersturm auf einer ostfriesischen Insel. Schade nur, dass bei dem Wetter so mancher Jazzliebhaber doch zuhause bleiben wird. "Sånn er livet!" sagt man auf Norwegisch.

HAUK: Ein experimentelles junges Duo frisch von der Uni in Stavanger
Der kleine Saal beginnt sich langsam zu füllen. Zwei Junge Musiker, ein Gitarrist und ein Schlagzeuger von der Jazzlinja der Uni in Stavanger spielen auf. Es ist bereits ihr zweiter Auftritt bei der Bodø Jazz Open. HAUK spielt eine Mischung aus Jazz, Prog Rock und Fusion, wie es im Programmheft heißt.  Beherzt greift Henrik Hausmann in die Gitarrensaiten, begleitet vom dänischen Schlagzeuger Nicolai Schmidt. Herrlich, wie unverkrampft die beiden Youngsters loslegen, mit einer schnellen, abwechslungsreichen Abfolge von Riffs und einem hellwachen Schlagzeuger als Begleitung. Es ist müßig sich über den Musikstil Gedanken zu machen: Es ist das Privileg der Jugend sich auszutoben. In dem Alter braucht man keine Jazzpolizei. Carsten Lindholm war voll des Lobes über diesen Nachwuchs und ihre anregende Musik.


Henrik Hausmann

Nicolai Schmidt


Three of a Kind: Hoff / Somsen / Lindholm
Inzwischen hat sich der Saal gefüllt und das Trio Hoff / Somsen / Lindholm betritt die Bühne. Seit sechs Jahren kennen sich Jan Gunnar und Carsten. Gleich beim ersten Gig in Kopenhagen war ihnen klar, wie gut sie miteinander harmonieren. Der Opener, ein Stück  namens Spring von Carsten zeigt gleich die Richtung an: Weich, melodisch und zu Herzen gehend. Aber dabei bleibt es nicht, denn Schnulzen sind nicht ihr Ding. Im Nu wandelt sich die Stimmung und es entwickelt sich ein intensives Zusammenspiel voller Wucht und Ausdruckskraft, ohne das lyrische Setting ganz zu verlassen. 

Das Trio Hoff /  Somsen / Lindholm

Das Trio atmet im Takt, man hört aufeinander, gibt sich gegenseitig viel Raum und Inspiration. DIe drei agieren nicht nur auf der Bühne als Einheit: Gegenseitiger Respekt und die Gewissheit in dieser Gemeinschaft gut aufgehoben zu sein beflügeln sie. 

Während draußen der subarktische Sturm tost, spielt das europäische Trio einfühlsame Melodien. Jasper ist ein sehr melodisch spielender Bassist mit einem einprägsamen Sound. Die Liste seiner Einspielungen bei Challenge Records ist lang und die Namen seiner Mitspieler sind klangvoll. 


Jasper Somsen aus Wageningen, NL

Carstens Rhythmusarbeit ist eine solide Bank. Voller Aufmerksamkeit und stets hellwach hat er seine Kollegen im Blick. Feinfühlig und sehr musikalisch dient er der Gruppe. Immer wieder offen für Überraschungen präsentiert der in seinem Auftreten sehr bescheidene Däne sein Stück Indian Summer und weist darauf hin, dass er sich intensiv mit der indischenTablamusik beschäftigt hat. Im Handumdrehen entpuppt er sich als mantrischer Perkussionist und es entspannt sich ein feines melodiös-rhythmisches Geflecht zwischen Schlagzeug und Piano. Es dauert nicht lange und auch Jasper springt auf den Zug. Carstens Devise bleibt aber: Reduce to the maximum. In der Ruhe liegt die Kraft. Und wieder entfaltet sich ein Sound wie aus einem Guss!

Es ist mal wieder Jan Gunnar Hoff, der nun die Ohren für eine neue Dimension öffnet. Sein Klavierspiel ist geprägt von Vorbildern wie Herbie Hancock oder Chick Corea. Er liebt es, dem Flügel alles abzuverlangen was er hergibt und  teilt seine Spielfreude mit seinen Kollegen. Die Band spielt stimmungsvollen, feinen Jazz ohne die geringsten Anzeichen von Kitsch. Bei einem der letzten Stücke, Beneath the Surface, das der Scubataucher Jasper seinem Lehrer Enrico Pieranunci gewidmet hat, wird eine brodelnde, sprudelnde und fließende Unterwasserwelt sichtbar und der wunderbar lyrisch aufspielende Jan Gunnar entführt sein Publikum diesmal auf eine maritime Safari.

Jan Gunnar Hoff aus Bodø, Norwegen

Obwohl die Zuhörer in dem wetterbedingt etwas ausgekühlten Saal  sich inzwischen warm eingepackt hatten, forderten sie eine Zugabe, um sich derart gestärkt auf die Heimreise zu machen. Ein wunderbarer Auftakt für mich.

Dienstag, den 30.01.2023

Am nächsten Morgen ist Schreibtischarbeit angesagt. Meine drei Musikerfreunde sind inzwischen abgereist und ich muss meine Eindrücke schriftlich festhalten. 

Jørn Øien Cosmopolitan - Nordlands Zawinul?



Der Keyboarder Jørn Øien ist einer der hervorragenden Vertreter des nordnorwegischen Jazz. Der bärtige Tastenvirtuose aus Narvik entspricht äußerlich ganz der Klischeevorstellung eines Norwegers, aber da ist auch noch sein inneres Feuer. Es bezieht seine Nahrung einerseits aus dem Universum, das Miles Davis in den Siebzigern etwa mit Bitches Brew schuf. Andererseits sieht er sich als Weltmusiker, der die Roots des Jazz unter anderem in Afrika und der orientalischen Musik verortet. In einem kurzen Vortrag schildert er als Beispiel das Banjo, das auf die afrikanische Ziegenhalslaute Ngoni zurückzuführen ist. Kein Hehl macht er aus seiner Verehrung Joe Zawinuls, dessen musikalisches Erbe Øien zu einem Teil seiner eigenen DNA gemacht hat. 

Auf einem Festival, das derart den Unbilden des Wetters ausgesetzt ist wie das Bodø Jazz Open, wundert es denn nicht, dass Stormy Weather gespielt wird. Das Publikum im Sinus, dem kleinen Saal des Konzerthauses Stormen (sic!) hat die Band damit gleich am Haken. 

Neben dem oben geschilderten Feuer strahlt Øien mitunter auch eine geradezu meditative Ruhe aus. Aus den gegensätzlichen Polen schöpft er seinen Groove. So beginnt das Stück Return of the Empire mit von Perkussion untermalten elektronischen Klängen. Magnus Bakken spielt mit seinem verfremdeten Sopransaxofon eine orientalisch anmutende Melodie, Rune Arnesen und Sidiki Camara liefern den Klangteppich und Jørn Øien den Spacesound. Fertig ist der Weather Report Sound. Aber es klingt überhaupt nicht nach Abklatsch, sondern ist lebendige zeitgenössische Livemusik. Es macht uns eher demütig, denn wir müssen uns eingestehen, dass vieles, was wir für heute modern halten, seine Wurzeln in einer ganz anderen Zeit hat. Aber wer könnte der zurückkommende "Emperor" sein?

In Asante Sana Kaka kommt besagte Ngoni zum Einsatz und gibt dem Song mit der tiefen Stimme des malischen Gesangs Camaras seinen afrikanischen Charakter. Jørn Øien greift diese Komponenten auf, indem er sie mit seinem Keyboard und einer elektronisch verfremdeten Singstimme spiegelt und verfremdet. Der Bogen reicht vom vorkolonialen Afrika in die Moderne! Diese packende Musik öffnet unsere Augen und Ohren! Als Schlusstatement kommt The Legacy quasi als Substrat des musikalischen Fundaments Jørn Øiens.

Jørn Øien - Keyboards 

Magnus Bakken - Stronischen axophone 

Rune Arnesen - Schlagzeug und Percussion 

Sidiki Camara - Ngoni, Djembe und Gesang 

Audun Erlien - Bass


Mittwoch, den 31.01.2024

Die norwegische Postlinie Hurtigruten verbindet die Hafenstadt des Landes und ist 
Inzwischen auch von großer touristischer Bedeutung. Heute kannt man gleich zwei Hutigrutenschiffe im Hafen von Bodø sehen. Vorne die Kong Harald und dahinter die Nordlys.



Frontansicht der Kong Harald

Wikipedialink: MS Kong Harald 

Wikipedialink: MS Polarlys 

Der Wetterbericht prophezeit ein schweres Unwetter!


Am Mittwoch droht an der norwegischen Küste ein schwerer Orkan.Am Mittwoch, dem 31.1.2024 droht an der norwegischen Küste ein 

Auf dem Atlantik braut sich ein gewaltiger Orkan zusammen. Er wird am Mittwoch die Küste Norwegens mit Böen bis Tempo 200 treffen. Dazu gibt es heftige Schneefälle.

Steve Hackett & Djabé spielen in der Scene, einem großen Saal für vielleicht maximal 600 Leute. Einige sagen, es sind 400 (ich) Leute da, andere 500 (Lokalpatrioten). Auf jeden Fall ist die Halle gut gefüllt und Steve Hackett & Djabé sitzen vor dem Konzert aufgereiht wie im Hühnerstall hinten in der Halle und signieren CDs und Vinyl. 


Sie touren seit vielen Jahren durch Süd- und Südosteuropa und verstehen sich auf der Bühne prächtig. Leider konnte ich das Interviewtermin nicht wahrnehmen, da das Gespräch mit Marius Neset länger dauerte als geplant. Steve Hackett macht einen sehr aufgeräumten Eindruck und genießt es offenbar, mit so exzellenten Musikern unterwegs zu sein. Die Nordländer sind stolz darauf, einen Musiker aus der Rock'n Roll Hall of Fame begrüßen zu dürfen.  

Ich mache ein paar Fotos und bleibe nicht lange, weil ich mich heute auf das Konzert mit Marius konzentrieren will. Es ist nicht, dass mir die Musik nicht gefällt, aber meine Gedanken sind im Sinus.






Marius Neset Quartett

Am Nachmittag habe ich ein Interview mit Marius Neset geführt, das in angenehmer Atmosphäre im Hotel stattfand. Der Norweger kommt aus dem kleinen Ort Os in der Nähe Bergens. Er gibt als ein außerordentlicher Instrumentalist und ein sehr produktiver Komponist, der auch für große Orchester schreibt. Seine letzte Veröffentlichung, Geyser, erschienen bei ACT ist ein Werk, dessen Uraufführung im Rahmen der BBC Proms 2022 in der Royal Albert Hall mit der London Sinfonietta und seinem Jazzquintett stattfand. stattfand.








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"Der preisgekrönte Saxophonist und Komponist von Weltrang bringt sein Quintett zu den Bodø Jazz Open, titelt die Festivalleitung." Weiter heißt es: "Einer der aufregendsten Künstler im Jazz" und "Seine Diskographie zeugt von einer beeindruckenden Technik, aber auch von einem beeindruckenden Komponisten, der nach echter Originalität in seiner Musik strebt", schreibt das Downbeat Magazine, als es Neset zu einem der 25 Musiker kürt, die die Zukunft des Jazz prägen werden. Das tut der Seele gut, war er doch erst unlängst mit der Band Arild Andersens bei JFK Syke. Inzwischen hat er 2022 sei Album Happy herausgebracht, das er mit seinem neuen Quartett eingespielt hat. Am Schlagzeug, das erstaunt niemanden, sein Alter Ego Anton Eger, der Norweger mit schwedischem Pass, der inzwischen in seiner Wahlheimat Kopenhagen lebt. Am E-Bass der Ire Connor Chaplin und am Fügel und den Keyboards Elliot Galvin, beide fest verwurzelt bei Edition Records. Sie bringen Funk und elektrischen Sound mit. Marius Neset sucht die Herausforderung in neuen Konstellationen und ist voll des Lobes über ihren Beitrag zu seiner Band. Denn dass es eine Band ist, in der alle etwas zu sagen haben und und die unbändige Freude am von jedem einzelnen Musiker mitgeführt wird, wird schon nach ein paar Minuten klar. 

Sicher hat Neset eine sehr dominierende Position, doch nimmt er sich immer mal wieder zurück und  überlässt seinen Mitspielern das Feld, immer bereit, deren Ideen aufzugreifen oder weiterzuführen. Die Geschwindigkeit, mit der Anton Eger und Marius Neset aufeinander reagieren, wenn sie ihre akrobatisch anmutenden rhythmischen Schlagabtausche machen, ist unglaublich. Die beiden kennen sich schon viele Jahre, und mit keinem anderen Musiker hat er so viel gespielt, wie mit seinem Schlagzeuger. 

Die folgende aufnahme des Stücks Happy entstand spontan. Eigentlich wollte ich mit der Fotokamera und ihrem Tele nur einen kurzen Clip machen. Nur fand ich keine geeignete Stelle zum Ausstieg, so wurden gute 16 Minuten daraus. Wie gesagt: mit einem ziemlich schweren Tele ohne Stativ. Marius und Anton waren begeistert und stimmten der Veröffentlichung zu. 




Donnerstag, den 01.02.2024

Heute habe ich erst mal Stubenarrest, denn es wird wegen des fortdauernden Sturms allenthalben davor gewarnt, sich unter freiem Himmel aufzuhalten. Plötzlich gibt mein Telefon ein akustisches Signal und folgende Meldung poppt auf:




Deswegen fallen auch mal wieder jede Menge Flüge aus und es ist nie sicher, ob und wann die Musiker ankommen. Aber im Großen und Ganzen klappt dennoch erstaunlich viel wie geplant. Bei Außenveranstaltunen sieht es allerdings ŭbel aus. So ist für die Eröffnung des Programms der Europäischen Kulturhauptstadt eine große Bühne vorm Rathaus vorgesehen. Das wird wohl nix.

Freitag, den 02.02.2024

Was für eine schräge Konstallation von Zahlen, das heutige Datum!
Es ist ein ganz neues Gefühl der Freiheit, als ich heute Mittag nach draußen gehe. Tageslicht und weder Wind noch Niederschläge. In der Stadt und besonders am Hafen wimmelt es von Veranstaltungstechnikern, die wohl den morgigen Tag vorbereiten. Ich mache Fotos von den vielen Sportschiffen und Seenotrettern. Als,ich die Mole gegenüber sehen,,beschlie@e ich dorthin zu gehen. Es ist schön, die Stadt und ihre Skyline von "Windy City" mal aus einer anderen Perspektive zu sehen.




Gestern zerstörte der Sturm mehrere Fenster des Radisson in Bodø, die nun repariert werden mussen



Link zu einem Album mit allen Fotos des Spazierganges


Woran merkt man, dass man in Norwegen ist? In den Straßen scheinen die Autos auch schon dann anzuhalten, wenn ein Fußgänger nur in die Nähe einer Kreuzung kommt. Er braucht noch nicht mal eindeutig zu signalisieren, dass er die Straße überqueren will. Daran muss man sich erst gewöhnen. Und das die Autos hier so leise sind, weil der Anteil an E-Autos wesentlich höher ist als in Deutschland. 

Übrigens traf ich heute Mittag Marius Neset, der immer noch im Hotel festhing, Sein Flug geht erst heute Abend, also mit mehr als 30 Stunden Verspätung. Er hatte sein Laptop dabei und nutzte die Zeit zum Komponieren.



Sonnabend, den 03.02.2024

Der große Tag ist gekommen. Der Himmel ist weiterhin düster, es schneit ein wenig und es herrschen Minusgrade. Ich kann mir noch nicht vorstellen, wie die Norweger unter diesen Verhältnissen eine Freiluftevent hinbekommen wollen. Den Tag verbringe ich am Schreibtisch, unterbrochen von einigen Spaziergängen zur Mole und durch die Stadt. Man merkt eine gewisse Nervosität vor dem großen Ereignis und eine stetige Zunahme der Menschen in der Stadt. In der überdachten Einkaufspassage Glashuset spielt nachmittags ein Akkordeonorchester. Ich esse im Egon am Pizzabuffet: Pizza satt plus ein alkoholfreies Bier 246 nkr. Wechselkurs 0,087 €. Viel billiger geht das Zuhause auch nicht mehr. Benzin kostet hier übrigens 2,05 €/l. Aber der moderne Norweger fährt eh E-Auto. Der Tesla Y ist das meistverkaufte Auto in diesem Land.






Um 16 Uhr ist die Eröffnungszermonie mit der Königin Sonja. Großer Bahnhof im Konzerthaus. Ich habe keine Karte mehr bekommen. Auf der Straße stehen große Limousinen, der Platz am  Hafen füllt, denn hier findet um 18.30 Uhr die große Show statt. Im Hafenbecken schwimmt eine Plattform mit einem Lavvo, einem stilisierten samischen Zelt, die als Showbühne benutzt wird. Damit alle Leute etwas sehen können, sind mehrere große Leinwände und Lautsprecher aufgestellt. Die Show heute ist von der indigenen Bevölkerung Nordskandinaviens und ihrer Kultur geprägt. In Bodø oder auf lulesamisch Bådåddjo leben die sogenannten Seesamen (auf Norwegisch Sjøsamer oder Lulesamer).

In der Stadt ist inzwischenein Menschenauflsuf wie sonst nur am 17. Mai, dem norwegischen Nationalfeiertag. Inklusive Königin, die vorerst Ballustrade des Radisson gut erkennbar an ihrem weißen Mantel dem Volk zuwinkt. Es ertönen Joiks, diese typischen samischen Gesänge. Es wird getanzt und ein Großvater und seine Enkelin unterhalten sich über die Zukunft und die Inspiration, die wir durch Bodø 2024 erhalten sollen. Das Ganze wird zeitversetzt auch im Fernsehen übertragen.





Riesige Scheinwerferbatterien und Lichtkanonen inszenieren die Kulisse und zum Schluss gibt es ein üppiges Feuerwerk. Eigentlich ist Pomp ja nicht die Sache der Norweger, aber als erste arktische Europäische Kulturhauptstadt muss man zeigen dürfen, was man drauf hat.

Direkt nach der Veranstaltung strebt alles wieder in Richtung Glashaus, der überdachten Einkaufspassage. Doch auf einmal geht es nicht weiter. In Höhe des Radisson müssen wir warten, bis die Königin Sonja in ihre Límousine gestiegen ist und davonbraust. 

Danach folgen das Eröffnungskonzert im Konserthus Stormen und das dritte Konzert mit Jan Gunnar Hoff, Per Mathisen, Gary Husband und Nguyen Lé, , näher nachzulesen je in einem eigenen Artikel.

Als ich gegen Mitternacht übermüdet ins Kulturhaus Beddingen gehe, wo die Insider sich noch mal zum Abschluss treffen, kapituliere ich. In der  Schlange an der Theke stehen vielleicht 50 - 50 Leute. Das ist zuviel für mich. Ich habe schon den ganzen Tag Norwegisch gesprochen In einem Überfüllten Klub wird das einfach zu anstrengend. Und morgen muss ich früh raus, um die Rückreise anzutreten.

Sonntag, den 04.2.2024

Am Sonntagmorgen sehe ich zum Frühstück Audun Vinger, den ich aber noch nicht erkenne und BjörnWilldadsen, den Manager des Trondheim Jazz Orchester, eines norwegischen Spitzenensembles. Er ist auch Geschäftsführer des Midnorsk Jazzsenter in Trondheim und damit eine zentrale Figur im norwegischen Jazz. Wir führen ein interessantes Gespräch und ich höre wer sein Gesprächspartner eben war. Audun Vinger ist ein bekannter Journalist, der fürs Dagbladet schreibt, aber nebenbei einen wöchentlichen Insider-Newsletter verantwortet und auch für die Jazznytt, das einzige Jazzmagazin des Landes schreibt. Ich kannte ihn aber nicht sein Gesicht. Denn ich habe beides abonniert. 

Auf dem Flughafen kann ich noch kurz mit ihm sprechen. Ein sympathischer Mann, der so ziemlich über alles informiert ist, was im norwegischen Jazz so passiert.

Über Gardermoen (Oslo),  Kastrup (  Kopenhagen) und hamburg fliege ich zurück und komme um 22,27 Uhr inKirchweyhe an, wo meine Frau mich vom Bahnhof abholt.

 

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