Ketil Bjørnstad@BodøJazzOpen, Rønvik Kirke
Seit Jahren denke ich, dass ich mich mal mit Ketil Bjørnstad beschäftigen sollte. Er ist so berühmt. Seit 54 Jahren fahre ich fast jedes Jahr nach Norwegen und habe noch nie eine ganze Platte von ihm gehört oder eines seiner Bücher gelesen. Er war sogar auf der Spiegelbestsellerliste und hat schon in den 70'er Jahren mit meinem Idol Arild Andersen gespielt. Die beiden sind befreundet, wie er mir heute nach dem Konzert erzählte.,
Was ist für Grund meines bisherigen Desinteresses? Ich stamme aus einer Arbeiterfamilie und meine Eltern hatten einen kleinen Hof. Bjørnstad stand für mich immer das Bildungsbürgertum. Ich habe mich davor gescheut, weil ich mich irgendwie ausgeschlossen fühlte. Schluss damit!
Das Event, es war nicht nur ein Konzert, war eine Wucht: Ketil Bjørnstad als "nationales Kulturgut" hatte das zahlreiche Publikum in der modernen Rønvikkirche im Nu hinter sich. Eine sehr sympathische klassische Sängerin, deren Name mir entgangen ist, führte das sehr kurzweilige Gespräch über die norwegische Gegenwartskultur und seine Rolle darin. Eine besondere Rolle spielte dabei sein Verhältnis zu dem vor kurzem verstorbenen Liedermacher und Literaten Ole Paus, einem engen Freund Bjørnstads. Leider weiß ich fast nichts über die beiden. Mitt lille Land von Paus wurde als inoffizielle Nationalhymne Norwegens bezeichnet.
Bjørnstad zeigt sich sichtlich zufrieden mit dem Steinway und beginnt mit romantischer Klaviermusik. Zuvor bezeichnet er Mozart als den größten Jazzer und Improvisator. Er kündet an, ein paar klassische Stücke zu spielen und danach zu improvisieren. Es ist unglaublich, mit welcher Sensibilität der Norweger am Flügel agiert. Jede Note scheint sinnvoll in ein Großes und Ganzes eingebettet und von unendlicher Schönheit zu sein. Musik zum Zurücklehnen und Augen schließen. Das Publikum ist fasziniert.
Doch plötzlich packt ihn der Furor in Form eines enorm donnernden Tastenwirbels, das ich vielleicht von Chris Jarrett erwarten würde. Aha, jetzt wird improvisiert. Immer wieder landet er bei Lady Madonna und es wird sehr jazzig. Zwischendurch parliert er ehrfürchtig über seine Aufnahmen in der Abbey Road und den omnipräsenten Geist der Beatles.
Ein wunderschönes norwegisches Konzert mit einem Menschenfreund. Was will man noch mehr?
Zum Schluss rezitiert Bjørnstad einige Gedichte seines Freundes und Seelenverwandten Ole Paus |
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